Donnerstag, 14. Februar 2008

Machtwechsel beim HC Thurgau

Die Ära von Felix Burgener bei Thurgau ist zu Ende. Nach dem gestrigen Ja der Nationalliga GmbH gehen die Lizenz und die Spielerwerte an die neu zu gründende Thurgau Eishockey AG über.

Markus Rutishauser
Die einstimmig erfolgte Zusage der Gesellschafter der Nationalliga GmbH – die 12 NLA- und 13 NLB- Vereine – gestern in Egerkingen hat die Übernahme des HC Thurgau besiegelt. Für geschätzte 600 000 Franken kauft die neue Aktiengesellschaft die Nationalliga-Lizenz und Spielerwerte (Ausbildungseinheiten) dem bisherigen Thurgau-Besitzer Felix Burgener und dessen Hockey Bodensee Euregio AG ab. Inhaber der neuen Thurgau Eishockey AG, welche Anfang nächster Woche gegründet wird und über ein Aktienkapital von 300 000 Franken verfügt, sind der bisherige Thurgau-Geldgeber Wilhelm Bovens, der SC Weinfelden mit dessen Geldgeber Peter Spuhler sowie die Donatoren-Vereinigung des Thurgauer Eishockeys (DTE).

Grosse Erleichterung
Obwohl sich die beiden Parteien am Montag nach langwierigen und schwierigen Verhandlungen endlich einig geworden waren, stand die Umsetzung des Vertrages bis gestern Nachmittag auf wackligen Beinen. Hätten die Gesellschafter der Nationalliga GmbH nämlich nicht mit einer Zweidrittelmehrheit zugestimmt, wäre die Übernahme in letzter Minute gescheitert. So aber war vor allem bei Jan Knus, dem Präsidenten des 1.-Liga-Clubs Weinfelden und Verhandlungsführer, die grosse Erleichterung spürbar. «Jetzt können wir endlich zum Tagesgeschäft übergehen. Nach der AG-Gründung werden wir sofort das Gespräch mit den bisherigen Spielern und Sponsoren des HC Thurgau suchen», sagte Knus weiter. Glücklich über die neuen Besitzverhältnisse zeigte sich auch Wilhelm Bovens, der die Übernahmeverhandlungen initiiert hatte. Der Club müsse jetzt wieder breiter abgestützt werden. «Der HC Thurgau braucht mehr als nur zwei Hauptsponsoren», so Bovens, der mit seiner Firma zusammen mit Felix Burgener in den vergangenen drei Jahren die Hauptlast des Zwei-Millionen-Budgets getragen hatte. Er werde dem Verein als Sponsor in jedem Fall treu bleiben, ob er sich auch für den Verwaltungsrat der neuen AG zur Verfügung stelle, sei hingegen noch ungewiss.

Burgener macht weiter
Nach neun Jahren verabschiedet sich Felix Burgener damit vom HC Thurgau. Der Scherzinger Unternehmer, der alle wichtigen Funktionen – Präsident, Sportchef und Trainer – ausübte, will seine Hockey Bodensee Euregio AG auch nach dem Verkauf des Flaggschiffs weiterführen. «Ich möchte mich neu orientieren und werde dem Sport sicher treu bleiben», sagte Burgener. Grundsätzlich sei er jetzt für alles offen. Er könne sich auch vorstellen, als Eishockey-Trainer weiterzumachen. Er habe bereits entsprechende Anfragen erhalten und würde auch seriöse Angebote aus dem Ausland prüfen.

Umzug geplant
Obschon Jan Knus kein Geheimnis daraus macht, dass er mit dem HC Thurgau wieder an die alte Wirkungsstätte zurückkehren möchte, dürfte der NLB-Club seine Heimspiele in der Saison 2008/09 nochmals in der Kreuzlinger Bodensee-Arena austragen. Die Weinfelder Güttingersreuti wird aufgrund der bewilligten Gesamtsanierung frühestens ab Oktober 2009 NLB-tauglich sein.

Reduktion gutgeheissen
Spätestens ab der Saison 2009/10 wird die zweithöchste Spielklasse nur noch zwölf Teams umfassen. Das beschlossen die NL-Clubs mit 46:14-Stimmen. Möglicherweise trifft dies aber schon für die nächste Saison zu, da der Rückzug von Martigny im Raume steht.

Eigenständiger Club
Für den SC Weinfelden ändert sich nichts. Der Verein wird als eigenständiger Club weitergeführt und spielt auch in der nächsten Saison in der 1. Liga. Jan Knus, Präsident des SC Weinfelden.


Knus: «HCT wieder stärker verankern»

Jan Knus stand 1989 bei der Gründung des HC Thurgau als Spieler im Einsatz. Gestern hat er in Egerkingen ein schweres Amt angetreten, der Weinfelder wird der CEO des neuen HCT sein.

Egerkingen – Nach neun Jahren unter der Leitung von Felix Burgener, hat gestern die Liga-/Gesellschafter-Versammlung grünes Licht erteilt, dass der HC Thurgau in neue Hände übergehen kann. Als die beiden Exponenten Felix Burgener und Jan Knus ihre Argumente für den Wechsel dargelegt hatten, gab es nur kurze Voten zu diesem Thema. Etwa die Frage: Wer ist diese neue Thurgau Eishockey AG? Danach wollte Reto Klaus von den Rapperswil Jona Lakers wissen, was die Liga-Leitung zu diesem Wechsel meine. Erst danach schritt man zur namentlich aufgerufenen Einzel-Abstimmung und sämtliche Clubs sagten Ja dazu. Auch Burgener, obwohl ihm das wohl schwergefallen ist.

Wie fühlt sich der neue starke Mann Jan Knus (er sass während der Versammlung gleich neben Felix Burgener) nach diesem Entscheid?
Jan Knus: Natürlich bin ich froh, dass dieser Antrag glatt über die Bühne ging.

Welchen Preis haben Sie für den HC Thurgau bezahlen müssen?
Darüber haben wir natürlich Stillschweigen vereinbart.

Welches ist Ihre erste Aufgabe?
Bereits am nächsten Montag schreiten wir zur Gründung der Thurgau Eishockey AG, welche ja zwingend vorgeschrieben ist, um in der Nationalliga mitwirken zu können. Und dann werden wir alle möglichen Sponsoren brieflich angehen, möglichst bei uns einzusteigen. Hilfe erwarte ich auch von unserer Donatoren-Gruppe.

Wie sieht das neue Gebilde aus?
Vorgesehen sind eine NLB- und eine 1.-Liga-Mannschaft sowie die Elite-Junioren. Diese AG muss wieder das ursprüngliche Gebilde sein, mit den 3 Teams und einer Durchlässigkeit von ganz unten bis nach oben. Doch vor allem das Letztere wird für uns ein enorm hartes Stück Arbeit, genügend Junge engagieren zu können.

Gibt es auch Partner-Teams?
Natürlich haben wir im Vorfeld schon längst sondiert und sind mit mehreren NLA-Clubs am Evaluieren. Es zeichnen sich zum Glück verschiedene Optionen ab. Logischerweise kommt jetzt alles erst richtig in Fluss.

Wie sieht die Mannschaft aus?
Klar ist bis jetzt nur, dass wir mit den weiterlaufenden Verträgen die vier Akteure Roland Korsch, Marco Truttmann, Andrea Wegmüller und GianCarlo Hendry übernehmen. Mit den SCW-Spielern suchen wir in den nächsten zwei Wochen das Gespräch.

Spielen Sie mit Ausländern?
Das wird einer der ganz grossen Knackpunkte werden. Unser Entscheid wird auch davon abhängig sein, ob es jetzt aus der NLB überhaupt einen Absteiger gibt.

Wie heisst der Trainer und bis wann wird er engagiert?
Da gilt die gleiche Antwort wie bei der vorherigen Frage. Aber klar ist, hier muss bereits in den nächsten drei Wochen eine Entscheidung fallen.

Spielen sie weiter in Kreuzlingen?
Davon gehe ich aus, zumal der Umbau an der altehrwürdigen Güttingersreuti ja erst ab Februar 2009 beginnt.

Spielt die 1.-Liga-Equipe Weinfeldens künftig wirklich in Kreuzlingen?
Ja, das ist so. Wir wollen damit auch dokumentieren, dass es uns mit dem Gedanken der Kräfte-Bündelung im Kanton Thurgau absolut ernst ist.

Sie haben eine Familie sowie ein Geschäft und werden nun CEO des HCT. Wie bringen Sie das unter einen Hut?
Ich werde von der Familie getragen und das Geschäft läuft zum Glück gut. Zudem erhalte ich Hilfe aus den Reihen des SC Weinfelden. Wir haben erst vor Kurzem beim SCW nach finanziellen Problemen wieder etwas Gescheites aus dem Boden gestampft, jetzt machen wir das Gleiche halt mit dem HC Thurgau nochmals. Interview: Ruedi Stettler


Kommentar von Ruedi Stettler

Neue Chance für den HC Thurgau
Mit grosser Bewunderung schaute die Eishockey-Schweiz 1989 auf den neu gegründeten Verein HC Thurgau, der die Kräfte im Kanton bündeln konnte und zu einem Aushängeschild der Ostschweiz wurde. Die Euphorie ebbte aber im Laufe der Jahre immer mehr ab. Die Trägervereine aus der Gründungszeit waren immer seltener bereit, ihre eigenen Interessen dem HC Thurgau unterzuordnen, gleichzeitig scheiterten die «Leuen» regelmässig an den sportlichen Zielvorgaben und mussten zwischenzeitlich sogar den bitteren Abstieg in die 1. Liga hinnehmen.

Nach dem Abgang des einstigen «Retters» Felix Burgener wurden nun gestern in Egerkingen die Weichen neu gestellt, und der HC Thurgau darf wieder auf eine erfolgreichere Zukunft hoffen. Dabei helfen sollen im Hintergrund potente Sponsoren. Der Wichtigste davon ist wohl Peter Spuhler von der Stadler Rail AG in Bussnang. Doch mit Geld allein wird kein erfolgreicher Club geführt, dazu braucht es viel Fachwissen. Und die Bereitschaft der übrigen Thurgauer Clubs, ihre besten Kräfte an den HCT abzugeben. Keiner darf zukünftig mehr sein eigenes Süppchen kochen. Jetzt müssen die Kräfte gebündelt werden. Nicht nur für eine Saison, sondern längerfristig.

In Romanshorn existiert eine exzellente Junioren-Abteilung auf Stufe Mini Top und Elite Novizen. Doch nach erfolgter Ausbildung sind die wenigsten Spieler in der Region geblieben. Das muss mit dieser Neuausrichtung des HCT ändern. Die Talente sollen über die Stufe Elite wieder die Möglichkeit bekommen, im Kanton bis in die NLB aufsteigen zu können. Es gibt nur diesen Weg, den Standort Thurgau auf der Schweizer Eishockey-Landkarte zu sichern.